Die Einheit Europas und der Eurozone ist ein wichtiges Gut. Denn Europa ist mehr als eine Fiskalunion, mehr als eine Verbindung von Staaten mit gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen. Europa ist eine Verbindung von Staaten, die beweisen, dass die Achtung von Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie und wirtschaftlicher Erfolg zusammen möglich sind, ganz anders als etwa in China oder manch islamischen Staaten. Europa muss zusammen halten, damit wir gemeinsam die großen Probleme lösen: die Flüchtlingssituation vor unseren Toren, die Bedrohung durch islamistischen Terror, die Ukraine-Krise. Das sind die wichtigen Probleme, die es zu lösen gilt. Und dafür brauchen wir ein starkes Europa, das nicht beim ersten Wind auseinander bricht.
Einheit und Einigkeit sind also ein hohes Gut. Doch was bedeutet das in der aktuellen Frage? Es bedeutet nicht, wie Linke und Grüne fordern, dass wir allen Wünschen und Ansprüchen Griechenlands einfach nachkommen, Kredite gewähren und Hilfe leisten in unbegrenztem Maße. Das wäre falsch verstandene Solidarität.
Im Gegenteil. Es heißt, dass wir helfen und solidarisch sind, aber genauso darauf beharren, dass auch die Partner sich einbringen und sich an Vereinbarungen und Abmachungen halten. Im Fall verschuldeter Länder heißt das, dass Hilfe anderer Eurostaaten nur möglich ist, wenn man gleichzeitig selbst alles tut, um selbst wieder auf die Beine zu kommen. In Spanien, Portugal und Irland hat das geklappt. Es war und ist hart für die Bevölkerung, aber der einzige Weg, der nachhaltig ist und langfristig eine Perspektive bietet.
Dieser Wille hat in Griechenland lange Zeit gefehlt. Im vergangenen Jahr, endlich, gab es eine Wachstumsperspektive, sogar einen ganz leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit. Doch dann hat die Regierung Tsipras all das wieder zurückgedreht. “Wir bleiben im Euro, aber ändern nichts”, war das Wahlversprechen. Dies ist aber nicht einzuhalten, wenn man auf die Solidarität anderer Länder hofft. Das musste nun auch die griechische Politik einsehen und nur so kam die Einigung am Montag zustande.
Sicher hatten die Griechen darauf gehofft, einen Schuldenschnitt zu bekommen und trotzdem im Euro bleiben zu dürfen. Das aber ist nach den Verträgen nicht möglich. Und das ist auch nicht im Interesse der deutschen Steuerzahler.
Vielleicht hat man auch auf Hilfen ohne Reformen gehofft. Aber auch das ist nicht nur mit der deutschen Regierung (zumindest nicht mit DIESER deutschen Regierung), sondern auch mit den Esten, den Finnen und vielen anderen nicht zu machen.
Deshalb bleibt nur der dritte Weg: eine Option auf Hilfe gegen Reformen. Genau das haben Wolfgang Schäuble und Angela Merkel am Montag verhandelt. Es wurden konkrete Reformen verabredet, die Rücknahme der Gesetze, die diesem Geist widersprechen und die Gründung eines Fonds, in den die Privatisierungserlöse fließen. Der IWF bleibt an Bord, die Troika begleitet die Umsetzung der Vereinbarungen. In meinen Augen ist es der beste Weg für Europa als Ganzes, für Griechenland und auch für den deutschen Steuerzahler. Die Griechen müssen nun beweisen, dass sie es ernst meinen. Nur dann kann es ein drittes Hilfspaket geben. Sie machen es sicher nicht mit Begeisterung, aber zum ersten Mal mit einer großen Mehrheit über alle Parteien hinweg. Und auch wir sind nicht begeistert über die Vorstellung, weitere Garantien (keine Zahlungen!) an die Griechen geben zu müssen.
Es war ein gutes Verhandlungsergebnis, eine gute Entscheidung am Montag. Und es war eine Entscheidung nicht nur von Deutschland, sondern von allen 19 Staaten der Eurozone, die ja ganz unterschiedliche Meinungen und Interessen haben. Vor allem war es eine Entscheidung, die von Deutschland und Frankreich gemeinsam mitgetragen wird. Und wie wichtig es ist, dass Deutschland und Frankreich zusammen stehen, dass wissen nicht nur wir Saarländer.
Das, was Merkel und Schäuble also verhandelt haben, ist das Maximale, was im Sinne unseres Landes und Europa möglich war. Die heutige Abstimmung im Deutschen Bundestag war eine Bestätigung dieses Verhandlungsergebnisses und der klare Auftrag an Wolfgang Schäuble, diesen Weg bei den Verhandlungen um das konkrete Paket nicht zu verlassen. Und ich bin wirklich froh, dass diese beiden für unser Land verhandeln und nicht Gregor Gysi und Anton Hofreiter. Diese, daran blieb bei der heutigen Debatte kein Zweifel, würden nämlich wesentlich großzügiger mit unserem Geld umgehen.
Es ist also die letzte Chance für Griechenland, nun den gemeinsamen harten, aber zielführenden Weg zu gehen. Wollen sie das nicht, dann bleibt nur der Weg aus dem Euro. Und ja, das ist eine Option, denn wir lassen uns nicht erpressen. Es ist kein guter Weg, denn sicher ist er teurer für den deutschen Steuerzahler als die Garantien, die wir im Rahmen der Hilfspakete geben. Und es ist kein guter Weg, weil er die Einheit Europas in Frage stellen würde. Aber ich wiederhole: er bleibt eine Option.
Hätten wir heute als Bundestag der Aufnahme von Verhandlungen nicht zugestimmt, dann hätten wir bereits morgen einen ungeordneten Ausstieg Griechenlands aus dem Euro gehabt, gegen den klaren Willen der griechischen Bevölkerung. Griechenland wäre zahlungsunfähig, die Banken müssten schließen, Bürger humanitär versorgt werden. Wenn Rentner ihre Medikamente nicht bezahlen können und Kinder nicht zum Arzt gehen, weil der Deutsche Bundestag das entschieden hat, können wir das wollen?
Es gibt eine Option auf ein drittes Hilfspaket, wenn die Vereinbarungen alle eingehalten werden. Ansonsten muss Griechenland selbst seine Konsequenzen ziehen und tragen. Ich bin der festen Überzeugung, dass Wolfgang Schäuble bei den Verhandlungen genau darauf achtet und immer auch unser Land im Blick hat. Deshalb habe ich ihm heute aus Überzeugung das Verhandlungsmandat erteilt.
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